Die weitreichenden Folgen der MDR
Veröffentlicht am 30. November 2021

Im Mai dieses Jahres ist die EU-Medizinprodukteverordnung (MDR) in Kraft getreten. Die MDR unterscheidet sich erheblich von den zuvor geltenden Richtlinien für Medizinprodukte und stellt Medizintechnikunternehmen und deren Zulieferer wie Roth vor grosse Herausforderungen.

Die neue EU-Medizinprodukteverordnung (MDR; kurz für Medical Device Regulation) ersetzt seit dem 26. Mai 2021 die Medizinprodukterichtlinie (MDD) sowie die Richtlinie über aktive implantierbare medizinische Geräte (AIMDD). Die Anforderungen aufgrund der MDR sind im Vergleich zu ihren Vorgänger-Richtlinien massiv gestiegen. Grund dafür sind verschiedene Skandale der Medizintechnikbranche (u. a. verunreinigte Hüftprothesen und undichte Brustimplantate) und die damit einhergehende Forderung nach erhöhter Patientensicherheit.

Klinische Beweise und eindeutige Identifikation

Welches sind die wichtigsten Neuerungen aufgrund der MDR? Erstens wurde der Geltungsbereich der Verordnung auf weitere Produktegruppe wie Implantate für ästhetische Zwecke ausgeweitet. Zweitens fordert die MDR umfassendere klinische Studien. Drittens muss jedes Produkt zur Nachverfolgbarkeit mit einer UDI-Nummer (Unique Device Identification) versehen werden. Zuletzt werden die Produkte nach der Markteinführung strenger kontrolliert.

Patientensicherheit versus Versorgungssicherheit

Während sich alle einig sind, dass die Patientensicherheit gewährleistet werden muss, wird die MDR von vielen Medizintechnikunternehmen als unverhältnismässig empfunden. Bereits zugelassene Medizinprodukte müssen gemäss den neuen MDR-Anforderungen bis ins Jahr 2024 nochmals neu geprüft und zertifiziert werden. Dies ist mit hohem Aufwand verbunden, sodass sich viele Hersteller – insbesondere KMU – gezwungen sehen, ihre Produkte vom Markt zu nehmen. Weiter besteht zurzeit ein Engpass bei den Prüfstellen, die sich ebenfalls neu akkreditieren lassen müssen. Die genannten Entwicklungen haben zur Folge, dass die Versorgungssicherheit der Patientinnen und Patienten gefährdet ist.

Keine Anerkennung trotz Gleichwertigkeit

Zeitgleich wie die in der EU geltenden MDR ist auch die totalrevidierte Schweizer Medizinprodukteverordnung (MepV) in Kraft getreten. Die MepV lehnt sich stark an die MDR an, wodurch die Gleichwertigkeit zwischen dem Medizinprodukterecht der EU und der Schweiz weiter gewährleistet ist. Da jedoch das Rahmenabkommen zwischen der EU und der Schweiz gescheitert ist, gibt es zurzeit kein gültiges Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen (Mutual Recognition Agreement, kurz MRA). Deshalb müssen Produkte, die sowohl in der EU als auch in der Schweiz verkauft werden sollen, zweimal einen Zulassungsprozess durchlaufen.

Die neue Medizinprodukteverordnung hat zwar ein löbliches Ziel, ist aber für viele KMU oder für Nischenprodukte nicht umsetzbar. Wünschenswert wäre eine Reduktion der bürokratischen Hürden sowie verlängerte Übergangsfristen, damit die Patientensicherheit nicht auf Kosten der Patientenversorgung und Innovation erhöht wird. Weiter ist auch ein MRA zwischen der EU und der Schweiz dringend notwendig, damit kein unnötiger doppelter Aufwand generiert wird.

Nutzen Sie unser Know-how!

Kontakt